Verwaltung mal anders
 

Die Geschichte von Karl dem Guten (Großen)

In einem kleinen Weiler am Niederrhein geschah es in den wirren Jahren nach dem großen Krieg, dass dem Ehepaar Steinmüller ein Sohn geboren ward, dem die Sterne günstig standen.
„Frau“, sagte der Vater, “ wie soll der Knabe heißen?
„Mann“, sagte die Mutter, „ lass uns den Knaben Karl nennen, ein Name, der großes verspricht“.
Der Knabe Karl wuchs heran zu einem stattlichen Jüngling und als es an der Zeit war, dass er ein Handwerk erlernen sollte, beratschlagten die fürsorglichen Eltern im trüben Licht einer Sparflamme, welch ein Handwerk denn das Beste sei.
„ Der Knabe ist kräftig von Statur, so soll er doch Hufschmied werden, ein gar ehrbares Handwerk“, sprach der Vater.
„ Aber nein „ , entgegnete die Mutter, „ unser Karl soll hinausgehen in die Welt und Gutes tun „.

Auf seiner Wanderschaft, nach langen, beschwerlichen Lehrjahren, gelangte Karl an die Pforte eines wunderschönen, prächtigen Hauses, einem Palast gleich, reich verziert mit dem großen, weithin sichtbaren Anfangsbuchstaben des Alphabetes.
„Komm herein “, sprach eine liebliche Stimme. „ Dies ist der Ort, an dem du fortan schaffen und wirken sollst“
„ Ja, hier will ich gerne verweilen “ , dachte Karl und betrat frohgemut dieses wunderschöne Haus. Dort schaffte und wirkte er lange Jahre und tat viel Gutes.
Schon nach kurzer Zeit bemerkte aber der Hausherr, dass in diesem Karl ein Großer steckt. Begeisterte Gefolgsleute sangen im Chor:
“ Karlchen, Karlchen mach so weiter, steig nach oben auf der Leiter“.
Und Karl stieg und stieg und stieg….

Aber mit den Jahren bröckelte die einst so schöne Fassade dieses Hauses, in dem Karl Gutes tat. Auch die Menschen um ihn herum wurden immer seltsamer. Eines Tages sagten Sie zu ihm: „ Nun ist alles anders geworden, deine Dienste werden hier nicht mehr benötigt“. Undank ist der Welt Lohn, so dachte Karl bei sich. Für den, der so viel Gutes getan hatte, brach eine ganze Arbeitswelt zusammen. Aber wie es seine Art ist fasste er schon bald neuen Mut und dachte bei sich: „ Aber nicht mit Karl „ , nahm seinen Ranzen auf und betrat zuversichtlich neue Wege.

Unverhofft gelangte er zu einer alten Fischerkate. Aus einem der Fenster schaute eine blond gelockte Maid heraus, es war wohl die Fischersfrau, die fragte:
„Wohin des Weges, schöner einsamer Wandersmann? „
Karl war verwirrt. Welch eine unerwartete Fügung des Schicksals. Er antwortete :
“ Ich bin Karl, der gerne Gutes tut“.
Die Fischermaid aber sprach zu ihm:
“So komm herein, hier ist ein Ort, an dem deine Dienste gebraucht werden“.
Vorsichtig tat er, wie ihm geheißen. Wundersame in grünen Filz gewandete Geschöpfe geisterten durch die Flure und sprachen mit fremden Zungen. Karl war jedoch furchtlos und ließ sich nicht beirren. Schnell erlernte er die Sprache der Grünlinge und gewöhnte sich an ihr seltsames Gebaren. Gar putzige Gefolgsleute scharte er um sich, um mit ihnen gemeinsam Gutes zu tun. Aber wie immer, wenn Gute Gutes tun , traten schon bald finstere Mächte auf den Plan.

Gern wollte Karl für sich und die seinen eine Heimstadt errichten, in der Ordnung und sinnvolle Planung herrschen. Aber kaum, dass er auch nur daran gedacht hatte, das erforderliche Baumaterial zu erbitten, öffnete sich eine Tür und da stand er vor ihm, der Wächter der Zollschatzkammer und Bewahrer der veralteten Traditionen.
Und sprach: „ Ich bin der lebende Rotstift, auch Zollum genannt. Nicht einen Heller wirst du bekommen von meinem Schatz. Geiz ist mein Gelübde, so schulde ich es meinem Herrn. Und deine Wünsche sind mir piepegal"
Karl erschrak. Schnell griff er in seinen Ranzen und suchte die Worte seiner Eltern, die sie ihm mit auf den Weg gegeben hatten, um den gefährlichen Gnom zu bannen. Die Niederrheinische Spökenkieker-Fibel hatte auf Seite 11 die passende Beschwörungsformel parat:

„ Lirum, Larum, Löffelstiel, Zippel ist praktisch und kostet nicht viel“.

Bei diesen Worten erstarrte Zollum. Da halfen keine List und keine Tücke, selbst die Hilfsgötter im fernen Zollolymp zu Köln wandten sich gegen ihn. Zu groß war der Zauber, den Karl entfesselt hatte. Zollum aber wurde darüber so wütend, dass er sich sofort in eine beleidigte Leberwurst verwandelte.
Karl bestand noch zahllose andere Abenteuer und Heldentaten im Kampf gegen paramilitärische Trachtengruppen und finstere Mächte, wofür ihm nah und fern großes Lob und Ehre zuteil wurden.

Eines Tages, Karl war gerade wieder einmal dabei , Gutes zu tun, da erstrahlte plötzlich ein helles, glänzendes Licht. Frau Zolle, die gute Fee, schwebte durchs Fenster herein und sprach:
"Karl, du Großer, nun hast du hier genug Gutes getan. Es ist an der Zeit, dass du Heim kehrst und dich um die Deinen bekümmerst".
Dann erhob sie ihren Zauberstab und sprach:
"Als Lohn für deine guten Taten seist du nun Pensionär auf Raten."

Karl aber, der vom vielen Gutestun bereits seit geraumer Zeit eine große Mattigkeit verspürte, war über diesen Zauber voller Freude. Er verabschiedete sich herzlich von seinen Gefolgsleuten und lebte fortan noch viele Jahrzehnte lang glücklich und zufrieden , wobei er weiterhin emsig in Haus und Hof Gutes vollbrachte.

Nur manchmal, wenn er hinter dem warmen Ofen saß und die Augen schloss, erinnerte er sich an die alten Zeiten. Und dann huschte ein mildes Lächeln über sein Gesicht und alles kam ihm vor, als wäre es ein Märchen gewesen.

 
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